Wer kauft Luxusartikel

Neulich habe ich einen glänzenden Artikel mit dem Titel „Targeting the Affluent“ (Sophia Doran) gelesen. Es war in Wahrheit ein Interview mit Jim Kerwin, dem Gründer des US-Luxusmagazins „The private Journey“ (die private Reise). Darin berichtet er, dass sein Verlag das Luxus-Magazin ausschließlich in Privat-Flugzeugen und Lounges verteilt. Seine Argumentation war einfach: wenn man 7500 US-Dollar pro Stunde für ein privates Flugzeug ausgibt, dann kann man es nicht vorgetäuscht haben – dann hat man wirklich Geld. Er sagte: „Der elegante Uhrenhersteller Audemars Piguet verkauft durchschnittlich Chronographen im Wert von 39.000 Dollar pro Stück. Selbst jemand, der 100.000 Dollar im Jahr verdient, hat keine Möglichkeit, sich eine Uhr für 39.000 Dollar zu kaufen – sofern er nicht im Lotto gewinnt.“ Währenddessen kann man ein schickes Haus oder einen Sportwagen problemlos mieten oder leasen – was den Konsumenten nicht unbedingt in die Kategorie der „High Net Worth Individuals“ (HNWIs) katapultiert.

Wie reich also muss man sein, um in die Elite-Klasse der „HNWI“ vorzustoßen? Das sind Menschen mit mehr als 1 Million Dollar Vermögenswerte, gerechnet ohne Hauptwohnsitz-Immobilie. Es gab 10,9 Millionen HNWIs im Jahr 2010 und ihre Zahl wächst. Von diesen entfallen 3,1 Mio. auf die USA, 2,9 Mio. auf Europa und circa 3 Millionen auf Asien. Aber diese Klasse von Reichtum steht nicht direkt für das große Geldausgeben für Luxusgüter, wie wir überraschend feststellen. „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“ Oscar Wilde

Der offizielle Jahresbericht der „World Luxury Association“ (WLA) 2012 zeigt, dass China der aktuell weltweit größte Konsument von Luxusgütern ist. Das Dossier prognostiziert, dass die Summe chinesischer Europa-Reisender im Jahr 2012 den gesamten Verbrauch von Luxusgütern auf 59 Milliarden Euro steigert. Das wäre ein Rekordhoch von 28 % weltweiter Luxus-Marktanteil – wobei man Japan und die USA überholt. Die Chinesen bevorzugen es, Luxusprodukte im Ausland zu kaufen. Denn China hat die höchste Steuer der Welt auf Luxusgüter.

Interessanterweise sind die begehrtesten Marken der Asiaten diejenigen, die als bekannte Marken „Pro-Logo“ getragen werden – wie ein Abzeichen der Anerkennung für Leistungen und als Unterscheidung von der Masse.

„Luxus ist die Einkommensteuer der Eitelkeit. Aber es ist so angenehm.“ Karl Lagerfeld

Im Allgemeinen liegt das Benchmark für die „Ultra High Net Worth Individuals“ (UHNWIs – seitens sehr vermögender Privatkunden) – von denen es 2009 nur 93.100 weltweit gab – bei einem Vermögen von über 30 Millionen Dollar. Einundsechzig Prozent der sehr vermögenden Privatkunden sind über 56 Jahre alt, aber, obwohl beneidenswert reich, geben sie viel weniger für Luxusgüter aus als ihre jüngeren Pendants im Alter zwischen 35 und 49 („The Luxury Strategy“, Kapferer & Bastien).

Es gibt noch andere Einflüsse auf Luxuskonsum: Faktoren wie Einkommen natürlich, aber ebenso wichtig ist die Offenheit der Person für äußere Einflüsse – nach Angaben des RISC-Instituts, das den Luxus Consumer-Markt weltweit auf 80 Millionen Menschen begrenzt: 32 Mio. in Europa, 36 Mio. in den USA und 12 Mio. in China. Ein weiterer Einflussfaktor ist das Niveau der Ausbildung, dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, Luxus zu kaufen. Ein weiterer Faktor, den wir bereits erwähnt haben, ist das Alter – mit den höchsten Konsum-Koeffizienten haben Personen zwischen 35 und 49 Jahren, basierend auf europäischen Studien.

Die sehr vermögenden Privatkunden sind ferner unterteilt in die Gruppe derer, die sehr wohlhabend sind, aber wenig ausgeben wollen (sie horten lieber ihr Geld, anstatt es für aufwändig-teures Vergnügen zu verprassen), und in solche – denen ich mich verbundener fühle – die mit ihrem Geld eine tolle Zeit haben. . . sie sind die „Big Spender“.

Tagesausflügler
Zu Beginn dieses Jahrhunderts wuchs der Luxus-Markt, basierend auf „Tagesausflüglern oder Wanderern“ – Menschen, die nicht wohlhabend sind, aber gelegentlich ein Luxus-Produkt für einen Geburtstag oder als Geste „freudiger Zügellosigkeit“ kaufen. Seit dem Ausbruch der globalen Krise ist dieser Markt in der westlichen Welt weitestgehend verschwunden, und die Leute haben den Schalter in Richtung Geld-Sparen bzw. -Horten umgelegt.

Nach Ansicht der Experten wird die Kluft zwischen den Reichen und der Mittelklasse seit 2001 Jahr für Jahr größer. Eine aufstrebende Mittelschicht bemüht sich weiterhin um verdeckte Luxusgüter, was in Bezug auf Marketing als „Massenprestige“ oder Prestige-Marken für die Massen gilt: Hugo Boss, DKNY, Michael Kors, D & G und Armani bieten eine breite Palette von Preisen zur Bedienung der breiteren Nachfrage großer Bevölkerungsschichten.

Neben den finanziellen Faktoren, die oben beschrieben sind: welche emotionalen Antriebskräfte befördern das Konsumieren von Luxusgütern?
In einer 1998 von Kapferer durchgeführten Studie – basierend auf den Antworten einer internationalen Stichprobe von jungen Managern mit hohem verfügbaren Einkommen – kristallisierten sich vier klare Vorstellungen von Luxus heraus:

• Authentizität der Erfahrung: die Schönheit, Perfektion und Einzigartigkeit des Produktes z.B. von Cartier und Hermès
• Kreative Nische Luxus: die Kreativität und Einzigartigkeit in der Gestaltung z. B. Jean-Paul Gautier
• Sicherer Wert und Prestige: Zeitlosigkeit und internationale Reputation z.B. Louis Vuitton und Porsche
• Status-Abzeichen: gefühlte Seltenheit des Besitzes z.B. eines Mercedes.

In Fortsetzung unserer Suche nach einer neuen Bedeutung von Luxus gibt es einige Einflüsse auf den Luxus-Verbraucher, die Verkäufer von Luxus-Produkten beim Anvisieren der wohlhabenden und ultra-reichen Klientel berücksichtigen müssen.

Da dies unsere „Gourmet-Sonder-Edition“ ist, überlassen wir das letzte Wort über die Bedeutung von Luxus dem weltbekannten Koch Alain Ducasse: in einem Interview mit Mark Tungate für „Luxus-World“ (Kogan) sagte er: „Letztendlich ist Luxus eine Vollkommenheit, die wir jeden Tag anstreben, ohne jemals ganz zufrieden zu sein.“ •
Wenn Sie sich an der Diskussion beteiligen möchten, eine neue Bedeutung von Luxus zu finden, dann schreiben Sie mir bitte eine E-Mail an: editorial@helencummins.com.